O unser aller mächtige Mutter,
Spenderin aller Fruchtbarkeit,
Gebt uns Frucht und Korn,
Scharen und Herden und Kinder für den Stamm,
Damit wir mächtig werden.
Durch die Rose Eurer Liebe.



Lughnasadh bedeutet “das Gedenkfest an Lugh“. In der vereinfachten Schreibweise Lünasa ist es irisch-gälisch für den Monat August. Als Lunasda oder Lunasdal ist es schottisch-gälisch für Lammas, den 1. August; und die Entsprechung auf Man ist Laa Luanys oder Laa Lunys. In Schottland ist die Zeitspanne zwischen vierzehn Tagen vor Lughnasadh und vierzehn Tagen danach als luchar bekannt, während man auf der Halbinsel Dingle in der Grafschaft Kerry die zweiten vierzehn Tage als An Lughna Dubh (das dunkle Lughfest) kennt - was nahelegt, dass diese Spiegelungen einer lunaren Berechnung sind, wobei Lughnasa im Zusammenhang mit einer Mondphase gefeiert worden wäre.

Auf den ganzen Britischen Inseln (nicht nur im “keltischen Randbezirk“, sondern auch an solchen Orten wie den Grafschaften Durham und Yorkshire), haben sich die Volksbräuche zu Lughnasadh fast zur Gänze an den Sonntag vor oder nach dem 1. August festgemacht - nicht allein durch die Christianisierung, sondern weil sie große Versammlungen von Leuten, oft auf Bergen oder hohen Hügeln mit sich brachten, welche nur an den freien Tagen möglich waren, die das Christentum angenehmerweise zur Verfügung stellte.

Irland stellt eine wahre Goldgrube dar, um auf den Inseln überlebendes Lughnasadh-Brauchtum zu entdecken, teils, wie bereits von uns ausgeführt, weil in Irland die ländliche Kultur in wesentlich geringerem Maße als anderswo der Erosion durch die Stadtkultur preisgegeben war, doch auch aus einem anderen geschichtlichen Grund. Während der Jahrhunderte, da der katholische Glaube verboten war oder verfolgt wurde, hing die irische Bauernschaft, welcher der Zugang zu ihren Gebetsstätten verwehrt war, um so inbrünstiger den heiligen Orten unter dem freien Himmel an, die alles waren, was ihr blieb. Einem Antrieb folgend, der viel älter als das Christentum war, erklommen Priester und Volk also gemeinsam die heiligen Höhen oder suchten die magischen Quellen auf, um jene Wendepunkte im Jahr von Mutter Erde zu markieren, die zu bedeutsam für sie waren, um sie unbemerkt zu lassen, bloß weil ihre Kirchen ungedeckt oder von einem fremden Glauben in Beschlag genommen waren. Auf solchen Höhen wie Croagh Patrick tun sie das immer noch.

Wer war Lugh? Er war ein Feuer- und Lichtgott des Typus Baal/Herkules; sein Name mag derselben Wurzel entstammen wie das lateinische lux, Licht, (was uns auch Luzifer, “den Lichtbringer“, liefert). Er ist in Wirklichkeit derselbe Gott wie Baal/Beli/Balor, doch eine spätere und ausgefeiltere Version von diesem. In der Mythologie gedenkt man des historischen Austauschs eines Gottes durch eine spätere Form (in Folge einer Invasion beispielsweise oder eines revolutionären technischen Fortschritts) als Tötung, Blendung oder Entmannung des Älteren durch den Jüngeren, während die essentielle Kontinuität dadurch anerkannt wird, dass man den jüngeren zum Sohn oder Enkel des Älteren macht. (Wenn die ersetzte Gottheit eine Göttin ist, taucht sie oftmals als die Gattin des Neuankömmlings wieder auf). So war Lugh in der irischen Legende ein Anführer der Tuatha Dé Danann (“die Völker der Göttin Dana“), der vorletzten Eroberer Irlands im mythologischen Kreislauf, während Balor König der durch die Tuatha Dé Danann besiegten Fomors war; in der Schlacht wurde Balor von Lugh geblendet.
Dennoch war den meisten Versionen nach Balor Lughs Großvater, und Dana/Danu war Balors Frau. (In diesem Fall wurde Balor und nicht Dana durch die Ehe degradiert).
Lugh ist also der ganze Balor - und gewißlich mit einer technischen Revolution assoziiert. In der Sage vom Sieg der Tuatha Dé Danann verschont Lugh das Leben von Bres, einem gefangenen feindlichen Anführer, im Austausch gegen Ratschläge zum Pflügen, zur Aussaat und Mahd.

Bezeichnenderweise ist Lugh oftmals die Patengottheit einer Stadt, so wie von Carlisle (Luguvalium), Lyon in Frankreich, Leyden in Holland und Legnica (Deutsch-Liegnitz) in Polen. Städte waren den früheren Kelten fremd; ihre ersten (festlandeuropäischen) Städte dienten dem einfacheren Handel mit den Mittelmeerzivilisationen, denen sie abgeschaut sind, als befestigte Stützpunkte, um auf den Handelsstraßen Tribut zu erheben; oder sie entstanden später in Folge der Einverleibung des keltischen Galliens in die Strukturen des Römischen Reichs. Über die britischen Kelten konnte ein später Schreiber wie Strabo (ca. 55 v. - 25 n.Chr.) immer noch sagen: “Ihre Städte sind die Wälder. Sie umschließen ein geräumiges Gebiet mit gefällten Bäumen und errichten Hütten, um sich und ihre Tiere zu beherbergen; niemals haben sie die Absicht, sehr lange an diesen Plätzen zu bleiben.“ Zur Zeit also, da die Kelten die Gelegenheit erhielten, Städte zu benennen, war Balor von Lugh überstrahlt worden - abgesehen von dem Umstand, dass ein großer Teil der Bevölkerung jener Städte Handwerker und naturgemä&aszlig; Lugh Samhioldänach ergeben waren.

Jener Lugh ist auch ein Typus des Gottes, der in einem Vermählungsopfer mit der Göttin Tod und Wiedergeburt erleidet, was am deutlichsten in der Legende seiner walisischen Manifestation Llew Llaw Gyffes zum Ausdruck kommt.

In Lughnasadh finden wir also die herbstliche Parallele zum Bealtainevermählungsopfer mit dem Gott des Zunehmenden Jahres.